Die Benzinflasche von unserem Kocher war zwar leer, roch aber immer noch nach Benzin, was die Leute von Ryanair so nervös machte, dass sie sie gleich da behielten. „Hmm dann wird die Küche wohl erst mal kalt bleiben“. Der Flug ging über London nach Newquay an die Südwestspitze von England, wo Annika (meine Freundin) für 2 Monate in einem Pub gearbeitet hatte. Da konnten wir dann auch übernachten und wurden morgens mit einem englischen Frühstück verwöhnt. Den ersten Tag verbrachten wir damit, eine neue Benzinflasche und Essen zu kaufen, Radfahren macht schließlich hungrig, und dann fuhren wir endlich richtig los. Es war Annikas erste große Radtour deswegen ist der weitere Text nun von Ihr.
Unser Plan war es, über Frankreich nach Hause nach Deutschland zu fahren, oder wenigstens bis zur deutschen Grenze zu kommen. Viel mehr hatten wir allerdings auch nicht geplant, was sich bald als nicht ganz so clever Herraustellte, da wir die ganzen Berge, die in England nun mal so rumstehen, nicht eingeplant hatten... Leider gehen in England die Strassen nicht um die Berge herum, sondern direckt darüber, weshalb wir keinen Berg auslassen konnten. Da das mit je ca. 24kilo Gepäck nicht ganz so flott geht, mussten wir bald einsehen, dass wir es vielleicht nicht ganz bis nach Hause schaffen würden. Aber wir strampelten fleißig weiter und kamen dann doch ganz gut voran. Die ersten paar Tage fuhren wir nach einer recht groben Karte, nach der wir meist auf ziemlich viel befahrenen Straßen unterwegs waren. Um Zeit und Strecke zu sparen, sind wir auch das eine oder andere Mal für ein paar Kilometer auf der Autobahn gefahren. Dies ist in England zwar erlaubt, aber nicht unbedingt weiter zu empfehlen, da es, wenn der Randstreifen plötzlich endet, etwas nervenaufreibend ist. Trotzdem machte uns das Radeln Spaß und wir genossen die wunderschöne Landschaft Englands und das perfekte Wetter. Lediglich die Schlafplatzsuche machte uns etwas Sorgen. Da in England die Strassen mit Wällen eingegrenzt sind, und diese nur von verschlossenen Toren unterbrochen werden, lies sich so leicht kein Platz für unser Zelt finden. Wenn wir also mal kein offenes Tor fanden, klingelten wir auch schon mal an einem Haus und fragten nach einem Schlafplätzchen. Dies bescherte uns ein Mal einen wunderschönen Schlafplatz an einem kleinen Fluss und ein anderes Mal sogar eine Nacht auf tollem, weichem, original englischen Rasen.
Als wir am vierten Abend nach einem Schlafplatz suchten, fanden wir ein offenes Tor und somit eine schöne Kuhwiese auf der wir uns niederließen. An diesem Abend wollte ich kochen, was man mit Daniels Kocher nicht unterschätzen darf. Daniel erkundete derweil die Gegend und lies mich machen. Blöd, wie sich rausstellte. Nachdem ich nämlich den Kocher angemacht hatte und mich umdrehte, um Wasser in den Topf zu füllen, gab es plötzlich eine große Stichflamme und der gesamte Kocher brannte. Ich schmiss den Kocher weg und Daniel, der zum Glück nicht allzu weit war, seine Isomatte drauf, um das Feuer zu ersticken. Das hat dann auch noch geklappt, bevor die Benzinflasche in die Luft geflogen ist. Daniels Isomatte hat jetzt ein Loch und ich habe das Kochen wieder ihm überlassen... Das war anschließend auch nicht mehr ganz so einfach, da die Pumpe, mit der man den Druck aufbaut, etwas verschmort und verformt war. Daniel war jedoch nicht bereit, seinen geliebten Kocher einfach so abzuschreiben, weshalb er so lange an der Pumpe herum schnitzte, bis sie tatsächlich wieder einsatzbereit war. An diesem Abend blieb die Küche jedoch kalt.
Am nächsten Tag sind wir dann zum ersten mal in eine Touri-Info gegangen, wo uns ein überraschend motivierter und fähiger Mensch super Radrouten raussuchte, auf denen wir von dem Tag an auf ruhigen, radfreundlich Straßen von Touri-Info zu Touri-Info radelten. Diese haben uns dann immer wieder empfohlen, unbedingt durch den Nationalpark von Southampton zu fahren, da es dort "wild ponys" geben sollte. Das ließen wir uns nicht nehmen und als wir dort ankamen, wunderten wir uns, da wir Nationalparks irgendwie anders kannten. Hier standen Häuser, es gab kleine Dörfer und ganz normale Strassen und wir konnten uns nicht vorstellen, dass es dort wilde Ponys geben sollte. Als wir dann aber über ein Kuhgitter fuhren und mit Schildern vor den Ponys gewarnt wurden, sahen wir sie auch schon: melancholische Ponys die unmotiviert das Gras an der Strasse abknabberten und so wild waren, dass sie sich streicheln ließen und teilweise sogar Reflektorbänder um den Hals trugen... Ok, sie waren nicht wild, aber dennoch war es nett, immer wieder an Ponys vorbeizufahren und da Rad fahren an sich ja nicht soo spannend ist, war es unterhaltsam immer nach Ponys und anderen wilden Tieren Ausschau halten zu können.
Am Abend des siebten Tages kamen wir dann auch endlich in Porthmouth an, wo wir am nächsten Morgen die Fähre nach Le Havre nehmen wollten. Wir schliefen diesen Abend recht hart auf einem Weg an einer Bucht, nahe dem Hafen. Auf der anderen Seite der Bucht befand sich ein Navi Gelände, wir waren also sicher. Nach 5 1/2 Stunden Fahrt kamen wir am nächsten Mittag in Frankreich an und hätten auch gleich fast einen Unfall gebaut. Wir waren grad vom Schiff, als uns ein Bagger entgegen kam. Da wir noch voll auf Linksverkehr eingestellt waren, wichen wir nach links aus und er nach rechts... Ist aber noch mal gut gegangen. Kaum in Frankreich regnete es das erste Mal, nachdem wir schon über eine Woche unterwegs waren.
Auch wenn das Wetter nicht mehr so schön wie in England war, kamen wir nun richtig gut voran. Endlich war es nicht mehr ganz so bergig, dafür aber landschaftlich auch nicht mehr ganz so schön. Auch mit der Verständigung klappte es auf Grund unserer grottigen Französischkenntnisse nicht mehr ganz so gut. Das störte die Franzosen aber wenig und sie redeten immer in rasantem Tempo, meist mit mehreren, auf Daniel fröhlich ein, um ihm den Weg zu erklären.
An einem Abend gönnten wir uns einen günstigen Campingplatz um mal wieder duschen zu können und unser Zelt einmal aufbauen zu können, ohne Angst zu haben, dass wir gesehen werden. Morgens hatte ich starke Kopfschmerzen, die aber nach einer Tablette wieder weg waren und wir weiterfahren konnten. Am nächsten Tag kamen dann aber auch noch Rücken- und Nackenschmerzen dazu, die so schlimm waren, dass ich mich kaum bewegen, geschweige denn weiterfahren konnte. Also beschlossen wir, einen Tag früher als geplant, abzubrechen und mit dem Zug weiter zu fahren. Den halben Tag hingen wir am örtlichen Bahnhof rum und guckten zu, wie ein Franzose nach dem anderen durch die Führerscheinprüfung fiel, da der Bahnhof auch der Warteraum für die Prüflinge war. Sehr unterhaltsam, aber wir waren trotzdem froh, als endlich unser Zug nach Paris kam. Von dort aus ging es dann mit dem Nachtzug nach Wiesbaden. Nach 12 Tagen Rad fahren kamen wir morgens um sieben in Frankfurt an.
Zwar haben wir unser Ziel, bis zur deutschen Grenze zu kommen, nicht erreicht, aber trotzdem waren wir zufrieden. Wir hatten perfektes Wetter, bis auf meine Auseinandersetzung mit dem Kocher keine Probleme und keinen einzigen Platten. Insgesamt haben wir eine Strecke von etwas mehr als 700 klm zurückgelegt, was doch eine ganz gute Leistung ist. Die Tour können wir also als vollen Erfolg verbuchen, auf der wir trotz schmerzenden Hintern viel Spaß hatten.
Annika und Daniel